Wednesday Selection
“…ist das mit dem Kopftuch doch auch nicht absurder als die Sache mit dem Handtuch.”
“…was n fürn Handtuch?”
“Na das aus Per Anhalter durch die Galaxis. Niemals ohne Handtuch unterwegs sein, sonst passiert was ganz Schlimmes, genau so ist das mit dem Kopftuch.”
Mit Dialogen dieser Art halten sich die einzigen zwei Gäste überm Tresen. Kein Dialog bringt es auf mehr als vier Sätze. Ansonsten sind die beiden damit beschäftigt, auf das Auf und Ab einer eingebildeten Lavalampe zu glotzen.
Der Flautenmittwoch zermürbt auch die schmale Wandergestalt des Gewühls, die hinterm Tresen Dienst tut. Die Zeit zieht sich aufgrund Nix-zu-tun wie ein Film von Tarkowski und auch wenn ihr Chef `Papperlapapp` sagt, bezieht sie das Ausbleiben von Gästen auf sich. So oder so. Entweder die kommen wegen mir nicht, oder der Chef disponiert mich mittwochs, weil ich so schlecht bin, daß ich nur Schichten bekomme, von denen er weiß, daß kein Publikumsverkehr zu erwarten ist.
Mit den Worten “Unsinn!” betritt pünktlich um 23 Uhr wie jeden Mittwoch der Sargtischler die Szene und bestellt einen halben Liter Rotwein und ein Pils. Sie sieht ihn erklärungsheischend an, wobei sie bemüht ist um einen Ausdruck lediglich matten Interesses. Er stürzt in Nanosekunden den halben Liter und das Pils hinunter, beugt sich über den Tresen und sagt ihr: “Was immer Du grade gedacht hast, ist maßlos übertrieben und fernab der Realität.”
Der eigentliche Grund dafür, sie mittwochs zu disponieren ist ihr völlig schmerzloser Umgang mit Psycho- und Soziopathen. Mittwochs kommen wenige, jedoch erlesene Gäste, deren Persönlichkeitsstörungen genau dafür sorgen, daß sie wenige und erlesene Gäste bleiben.
Sie ist die einzige, bei der die Gestörten brav wie Hündchen zahlen und gehen, wenn sie `Feierabend` sagt. Nicht mal ihre Dialoge beenden sie noch und hinterlassen sofort eine Reihe halb ausgetrunkener Gläser.
“Dompteuse sollteste werden”, hat ihr mal einer der Gestörten empfohlen, und sie hatte keine Ahnung wie er darauf kam.
Dompteuse; sie hatte sogar Angst vor einem Glas Löwensenf, und dann Dompteuse?
Ihr Berufswunsch war außerdem klar. Schauspielerin. Das, oder Entwicklungshelferin in Afrika.