Beinhaus Blues
Zum Konzert der Gothic Band “Das Überich” kamen drei Generationen Grufties. Großeltern mit Töchtern Söhnen und Enkeln feiern zu harmonischer Musik und Texten, die sich um Zerstörung und Selbstmord drehen, drei Generationen Todessehnsucht. Ist schon ein Widerspruch, seine Todessehnsucht bis ins Greisenalter zu zelebrieren, im Kreise seiner Nachkommen.
“Mensch, Dich hab ich ja lange nicht gesehen. Gehts Dir gut?”, lacht den Verfasser eine Frau an, deren Augen hinter fledermausförmigen Sonnenbrillengläser verborgen bleiben. Sie ist schwarz weiß geschminkt, aber durch den rissigen, weißen Putz auf ihren Wangen dringt ein rosiger Schimmer. Zu gut durchblutet für den leibhaftigen Tod.
“Danke. Gut. Und Dir?”
“Bin Lehrerin geworden. Feiere grade meine Beamtung.”
Der Verfasser versteht Beatmung und betreibt ein bischen small-talk, plaudert über die Ausgaben für Kinderkleidung und - passend zur Brille seiner Gesprächspartnerin - über BAT-Tabellen.
Es sind weniger Menschen als sonst bei diesem Festival. Liegt am Wetter. Trotzdem ist es enger in der Menge.
Der Tod ist gut genährt. Viele der Gruftis zeigen alle Anzeichen von Adipositas. Nach dem Konzert von “Das Ich” schwappt Werthers Fettwelle weiter zu einem Gig der sehr angesägten Band “Ranzig”.